Mittwoch, 30. Juli 2008

Ein unwiderstehlicher Mix - Tunesien Teil 1

TR - Unter uns funkelt das Lichtermeer einer der ältesten mediterranen Städte und eine der für uns attraktivsten Metropolen der Welt. Wir befinden uns im Anflug auf Tunis, des Geburtsortes nicht nur Roberto Blancos und Claudia Cardinales, sondern auch die kulturelle Wiege unseres Freundes Hedi. Vor uns liegt eine unwiderstehliche Mischung aus orientalischer Kultur und westlichem Wohlstand sowie ein für uns aussergewöhnlicher Event: Eine tunesische Hochzeit!

Bis zuletzt waren wir unschlüssig, ob wir die Reise antreten sollen. Nicht gewillt ein paar hundert Euro für einen Kurztrip auszugeben. Ich ließ nicht locker und im günstige Flüge auftreiben bin ich ja quasi Profi :-) …Glück gehabt! Schnäppchen gemacht! Fehlte nur das Hotel. Vielleicht ein schönes 3 oder 4 Sterne Hotel? Doch eh ich mich versehe ist es 2 Tage vor Abflug und wir sitzen immer noch auf der Strasse. Das billigste Zimmer kostet 106 €. Für ein 5* Hotel ein super Deal, nur leider völlig jenseits unseres Budgets. Also buche ich in meiner Not ein Zimmer in einem Mädchen-Wohnheim, verschweige Jörg die Details. Am nächsten Abend wird mein Koffer-Packen durch einen Schrei des Entsetzens jäh unterbrochen „Hast Du Dir die Website genau angeschaut?“ fragt er mich wütend. „Da steht: Douches et toilettes communes par étage.“ Oh, Mist, Gemeinschaftsbad! Sorry, es war mir zu mühsam mich durch die französischen Seiten zu kämpfen. „Na, toll. Außerdem: Die listen alles auf, was es in den Zimmern gibt: Stuhl, Tisch, Lampe, aber schreiben nichts von Ventilator!“ „Also, Jörg, das halte ich für ausgeschlossen. Selbst in der billigsten indischen Unterkunft gab es einen Ventilator...“

Am Flughafen werden wir von hunderten Tunesier empfangen, nur Walid, der Hausherr des Wohnheims lässt sich nicht blicken. Er müsste uns erkennen, denn (sicherheitshalber) habe ich ihm ein Foto von uns gesendet (auf dem Jörg unschwer als Mann zu erkennen ist).

Walid entdeckt uns und bringt uns über leergefegte Schleichwege zum Wohnheim. Mir fällt ein Stein vom Herzen: das Zimmer hat ein Bad! Nur, leider gibt es keine Bettwäsche und - keinen Ventilator! Die Nacht wird zur Hölle. Wir tun kein Auge zu, es ist unerträglich heiss, die Mücken fressen uns und mich plagt das schlechte Gewissen.

Am nächsten Abend werden wir mit Hedi und ein paar Freunden ausgehen. Eigentlich dachte ich, dass das Henna-Fest der Frauen sei, aber na gut, Tunesier sind wohl flexibel. Ist mir auch recht, denn so kann ich schon mal ungezwungen abchecken, wie die Mädels sich hier so kleiden. Ich ziehe also meine lockeren Urlaubsklamotten an.

Wir treffen Hedi im Haus seiner Familie und er erzählt uns, dass heute Henna-Fest sei. So ein Ärger! Extra habe ich mir noch einen Rock für diesen Anlass gekauft, nun liegt er in der Unterkunft und ich hier mit dieser Schlabberhose!

Diverse weibliche Verwandte holen uns ab und mir stockt der Atem. Das darf nicht wahr sein! Eine herausgeputzter als die andere! Elegante fließende Stoffe mit Glitzer und Glimmer. Die Haare aufgestylt und die Gesichter perfekt geschminkt. Und ich daneben völlig under-dressed. Ich komme mir vor wie das hässliche Entlein und würde am liebsten im Erdboden versinken! „Jörg, was die mangelhafte Info betrifft – wir sind quitt! Ich mit der Unterkunft, Du mit der Feier!“ Über 20 Um- und Irrwege werden wir im Autokorso zum Haus der Feier kutschiert. Rund 200 weibliche Gäste warten im Innenhof und eine attraktiver als die andere. Rampenlicht perfekt, wir dürfen in die erste Reihe!

Der Abend ist den Frauen reserviert. Männer, ausser Jörg und den Vätern des Brautpaares sind nicht erwünscht. Auch der Bräutigam hat hier eigentlich nichts zu suchen. Aber, da unser Bräutigam nur optisch ein Tunesier und sonst eher ein Ur-Münchner ist, gesellt er sich ab und zu unter die Frauen, und kann sich im Übrigen auch für die Henna-Bemalung nicht begeistern, weshalb dieser Part des Abends ausfällt. Die Braut sitzt im Blitzlichtgewitter auf einer Art Thron, wird begrüßt, bewundert und mit edlem Brautschmuck beschenkt und behängt.

Die eleganten Damen tanzen mit Hüftschwüngen zu orientalischen Klängen, es wird im Takt geklatscht und immer wieder hören wir Jubelgeträller, was entfernt an Indianergeschrei erinnert. Das Geheimnis der Bewegungen als auch des Geträllers bleibt uns verborgen.


Zwischendurch werden Säfte und exquisite süße Stückchen serviert. Irgendwann wird Jörg auch auf die Tanzfläche gezogen. Plötzlich, für uns völlig unvermittelt, ist das Fest vorbei und fast alle brechen auf.

Die zweite Nacht schlafen wir besser. Wir haben uns an die Hitze akklimatisiert (es ist auch nicht heißer als zu Hause) und schlummern voller Eindrücke in die Träume. Wir freuen uns schon auf die nächsten Feiern, denn in Tunesien dauert eine Hochzeit immer mehrere Tage....

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