Montag, 2. April 2007

Herzinfarkt im Maklerbüro

Schon wieder ist ein Monat ins Land gezogen... Nachdem wir, wie zuletzt berichtet, unsere Zwischenmiete um drei Wochen verlängern konnten, ging die mühevolle Wohnungssuche weiter. Und weiter hieß es nahezu jeden Tag nach der Arbeit, sich Wohnungen anzuschauen oder danach im Internet und in Zeitungen zu suchen.

Doch, kurz von dem ultimativen "Rauswurf" aus der Wohnung tat sich ein Licht auf. Jörg besichtigte an jenem Freitag 3 Wohnungen, die alle, unglaublich aber wahr, wahrhaftig schön waren. Alle neu renoviert. Eine kam zwar nicht in Frage, da sie erst ab Mai frei würde, die anderen waren richtig nett verwinkelt und mitten im Stadtzentrum, am Rande von Raval. Abends besichtigten wir gemeinsam noch zwei weitere Wohnungen in ein und demselben Haus und waren begeistert: nagelneu renovierter Altbau, hell und sogar mit Balkon! Uns war sofort klar, eine dieser beiden Wohnungen wollten wir haben! Da war dann die Qual der Wahl. Für welche sollte man sich zuerst bewerben? Einen Tag später, Samstag Nachmittag gingen wir daher extra noch mal zu dem Haus und beobachteten, wie die Sonne wanderte. Nach einiger Zeit war klar, welche Wohnung die deutlich hellere und damit bevorzugte war.

Nun begann die Zitterpartie. Werden wir unserer Wunschwohnung bekommen, und was machen wir, wenn nicht? Am Montag also erstmal schnell unsere Ausländerbescheinigung, Bescheinigungen unserer Arbeitgeber und mein erster spanischer Gehaltszettel an das Maklerbüro übermittelt. Dann abends, ich los, um die anderen Wohnungen, die Jörgs zweite Wahl waren, auch noch anzuschauen. Von den Wohnungen war ich ebenso angetan wie Jörg. Doch die Lage war schon etwas zweifelhaft. Zwei Häuser vornedran haben zwei Prostituierte ihr Revier, vor dem Nachbarhaus ist der Sammelplatz einer Horde junger Südamerikaner und drei Häuser in die andere Richtung weiter offeriert ein Shop auf einem englischsprachigen Aushang "Cannabis Seeds". Die Maklerin machte mich gleich mit der halben Nachbarschaft bekannt... die Wohnung könnten wir also haben.

Am Dienstag dann der Makleranruf einer anderen Wohnung, die wir ein paar Tage vorher beichtigt hatten, dass wir sie auch haben könnten. Was tun? Spatz in der Hand oder Taube auf dem Dach? Also, erstmal Zeit schinden und noch mal nachhaken bei dem Maklerbüro unserer ersten Wahl. Email, dass es dringend, sei, und wir schnell Bescheid bekommen müssen.

Mittwochs, vor der Arbeit, mache ich mich nochmals auf den Weg nach wieder einer neuen Wohnung in toller Altstadtlage. Ich besichtige gerade die (wieder einmal) unrenovierte, baufaellige, versiffte Dachgeschosswohnung, als mich die Maklerin der Wohnung unserer ersten Wahl anruft. Wir könnten die Wohnung haben. Juchu, yipee, wow, unglaublich, hüpf, hüpf! Endlich mal Glück gehabt! Allerdings koennten wir erst in einer Woche einziehen, da sie noch kein Strom/Gas /Wasser habe. Schluck.

Wir sollen am Freitag ins Maklerbüro kommen und Miete, Kaution, etc., insgesamt rund 2.500 Euro in bar mitbringen. Wie bitte??? Ich stottere etwas von Überweisung oder Einzahlung, doch die Dame besteht auf Bargeld. Was tun? Klar, wieder erstmal Zeit gewinnen. Zusage, o.k., wir werden kommen.

Ich, in der Arbeit das ganze meiner Kollegin erzaehlt, ob das sein kann. Glücklicherweise hat sie einen Bruder, der im Maklergeschäft tätig ist und der bestätigt, dass Barzahlung, auch solcher Summen, in Spanien üblich ist. Nun gut, andere Länder andere Sitten, aber ein gutes Gefühl gibt mir diese Nachricht trotzdem nicht.

Was machen wir nur mit dem Einzugstermin? Wir müssen definitiv bis zum Wochenende unser Apartment verlassen. Jörgs Chef ist gerade in der Stadt und so machen sich die beiden auf dem Weg zum Maklerbüro und diskutieren so lange, bis wir doch schon zum Wochenende einziehen können. Strom gäbe es mit 125 Volt und Wasser fließe auch. Na also.

Freitag früh dann mit 2.500 Euro in der Hosentasche, Herzklopfen bis in den Hals und einem Adrenalinspiegel an der oberen Grenze dichtgedrängt in der U-Bahn zum Maklerbüro. Auf dem Weg dorthin verlaufen wir uns auch noch, gehen zunächst drei Blocks in die falsche Richtung. Völlig abgehetzt und nassgeschwitzt kommen wir dann im piekfeinen Büro an.

Die Maklerin reagiert völlig nervös, als wir bei der ersten Unterschrift, die Jörg zu leisten hat, den Text nicht verstehen und im Wörterbuch nachschauen wollen. Barsch fährt sie uns an, wie wir uns das vorstellen, ob wir jetzt jeden Satz einzeln übersetzen müssen, sie hätte heute noch andere Termine. O.k., Ruhe bewahren. Sie erklärt uns Absatz für Absatz des x Seiten langen Mietvertrags unsere (Rechte und) Pflichten. Jörg unterschreibt (ich werde lediglich als legaler Bewohner erwähnt), wir legen die knapp 2500 Euro auf dem Tisch.
Sie verschwindet mit dem Geld und Vertrag und bringt eine Kopie des Vertrags wieder. Die Originale werden an irgendein Amt geschickt. Und eine Quittung? Nein, die bekommen wir nicht, wir bräuchten sie nicht.

Mein Herz rast, ich schnappe nach Luft. Ich soll hier das Geld barzahlen und bekomme noch nicht einmal eine Quittung? Ausgeschlossen! Ohne Quittung verlasse ich das Haus nicht! Die Maklerin regt sich ungefähr genauso auf wie ich, und sagt, hier, in dem Mietvertrag stünde, dass wir die Kaution gezahlt hätten. O.k., und die restlichen 1500 ???? Hier auf diesem Zettel und diesem Blatt. Keine Unterschrift, kein Stempel, nichts. Kann schlicht jeder schreiben und ausdrucken. Das akzeptiere ich keinesfalls! Wenn ich eins aus meiner juristischen Ausbildung gelernt habe, dann das. Wutentbrannt knallt die Maklerin den Stempel auf die Schriebe und setzt ihre Unterschrift drunter. Warum denn nicht gleich?

Wir verlassen das Büro, ich zittere am ganzen Leib, mein Puls sprengt fast die Adern und Jörg meint, er könne mich gleich mit Herzinfarkt und Nervenzusammenbruch in die Klinik bringen. Auch heute, wenn ich diese Zeilen schreibe, kann ich es immer noch nicht glauben und fassen, was sich in diesem Maklerbüro zugetragen hat. Leider sollten die Aufregungen so schnell nicht aufhören.