Samstag, 28. Februar 2009

Filmtipp: Slumdog Millionaire

TR - Oscar-Verleihungen haben mich noch nie interessiert. Nur selten habe ich mitbekommen, an wen irgendwelche Oskars gingen und wenn dann eher durch Zufall. Doch dieses Jahr ist es anders. Kaum hatten wir Slumdog Millionaire im Kino gesehen, wurde er mit 8 Oscars, u.a. für den besten Film und den besten Soundtrack gekürt!



Das vordergründige Thema des Film ist zunächst banal: sozusagen der Liebe wegen vom Tellerwäscher zum Millionär. Jamal Malik, aufgewachsen in den Slums von Mumbay (Bombay) erklimmt in der Show „Wer wird Millionär“, die natürlich auch in Indien mit großem Erfolg ausgestrahlt wird, Gewinnstufe um Gewinnstufe. Wie ist das möglich? Woher kennt dieser Junge die Antworten? Der Zuschauer erfährt dies durch Rückblenden auf harte und zum Teil grausame Momente in der Kindheit und Jugend Jamals, seines Bruders Salim und seiner großen Liebe Latika.

Wir werden den Film sicher nicht so schnell vergessen. Es ist ein Film wie Indien selbst. Beeindruckend, laut, bunt, hektisch, spannend, andersartig, grausam. Da ist es ganz gut, dass der rote Faden des Films die Liebe ist. Wer wollte sich sonst schon so einen Film anschauen, der genauso traurig endet, wie er angefangen hat? Die Bilder, das indische Englisch und die Musik weckten viele Erinnerungen an unsere Indien-Reise. Und auch der Soundtrack lässt uns nicht mehr los … Schaut ihn Euch an, er lohnt sich!

Montag, 9. Februar 2009

2 Jahre Leben in Barcelona - Fazit

TR - Life at the extreme…manchmal komme ich mir hier vor, als würde das Motto des Volvo Ocean Race auch hier in Barcelona gelten. Die Regatta durch den Alltag des Lebens.

Extrem und intensiv – das ist es wohl, was unser Leben hier ausmacht und warum es mir so gefällt. Ich liebe die Abwechslung, das Außergewöhnliche und die Herausforderung. Kein Dahin-Geplätschere wie in Deutschland, wo alles so seinen üblichen Gang ging. Das Leben hier ist anders in jeder Hinsicht. Eine Steigerung von allem aus Deutschland Gewohntem.

Mein Lebensgefühl Barcelona ist neben dem angenehmen Klima vor allem die geballte Intensität der Emotionen und Erlebnisse.

Innerlich ziehe ich einen Vergleich. Unsere 2 Jahre in Barcelona gegen fast 7 Jahre in München.

Barcelona ist Freundschaft!
Spanien und auch Katalonien haben den Ruf, dass es lange dauere, bis man zu jemandem nach Hause eingeladen würde. Es heißt, man träfe sich eher in der Bar oder im Restaurant als in einer Privatwohnung. Mein Eindruck jedoch ist genau das Gegenteil. Ob es daran liegt, dass die Hälfte unserer Bekannten Latinos sind, weiß ich nicht. In München wurden wir z.B. bei Anlässen wie einer Geburtstagsparty von Bekannten zu sich nach Hause eingeladen. Aber ansonsten, einfach so, ohne besonderen Anlass? Das war, abgesehen von engen Freunden, nicht so üblich. Hier hingegen gibt es niemanden in unserem Bekanntenkreis, der uns nicht umgehend mit zu sich in die eigenen vier Wände genommen hätte! Mit der Öffnung der Haustür wird die Tür der Freundschaft geöffnet.
Resultat:
7 Jahre München: Einladungen in 4 verschiedene Wohnungen
2 Jahre Barcelona: Einladungen in 8 verschiedene Wohnungen (davon die Hälfte von ausländischen Paaren)

Barcelona ist Nähe!
München, das größte Dorf der Welt mit seinen 1,3 Mio. Einwohnern ist so weitläufig und dadurch anonym. In den sieben Jahren in München habe ich nur dreimal (!!!) Bekannte zufällig in der Stadt getroffen, alle in unmittelbarer Nähe zum Marienplatz.
Das größere Barcelona ist trotz seiner 1,6 Mio Einwohner klein und kompakt und dadurch so persönlich! Man trifft Bekannte wie in einer Kleinstadt in Altstadtgassen, U-Bahnen und Bars. Kein Wunder, Barcelona ist nach Paris die Stadt mit der zweithöchsten Bevölkerungsdichte Europas. Mit über 16.000 Einwohnern pro km2 entspricht dies dem Vierfachen von München.
Die Bilanz der zufällig getroffenen Bekannten:
München: 3 (in sieben Jahren!),
Barcelona: 8!

Barcelona ist Emotion!
Die Südländer sind gefühlsbetont. Ein Vorurteil? Nun, zumindest kann ich mich nicht erinnern in meiner gesamten Münchner Zeit je einen erwachsenen Menschen in der Öffentlichkeit heulen gesehen zu haben. Hier kommt das schon mal vor. Bevorzugter Ort um Tränen zu vergießen: Die U-Bahn. Ob die Leute hier weinerlicher sind oder das Leben härter – wer weiß?
Spielstand: Barcelona: 5 – München: 0

Barcelona ist Verkehrschaos!
Nicht nur, dass man nie seine Ruhe hat vom Dauergeheul der Polizei- und Ambulanzsirenen, hier sind die Unfälle nicht nur häufig, sondern auch zum Anfassen nah.
In den letzten zwei Jahren sind wir 4x Augen- und Ohrenzeuge von Verkehrsunfällen geworden: Ein harmloser Auffahrunfall am Monumental, ein Zusammenstoß mit Blechschäden wegen Missachtung der Vorfahrt in Raval, in der Gran Via ein Massenunfall mit 5 beteiligten Fahrzeugen, davon ein umgekippter Krankenwagen, bei dem Fahrer und Beifahrer nicht angeschnallt waren! Und eine Verfolgungsjagd mit einem riesigen völlig übertriebenen Aufgebot an Einsatzfahrzeugen direkt vor unserer Haustür! Action wie im Kino.
Bedenkliches Ergebnis: Barcelona: 4 – München: 1

Barcelona ist Kunst!
Kultur ist für mich geistige Nahrung und hat einen hohen Stellenwert. Aus diesem Grunde ziehe ich auch das Großstadtleben einem Leben auf dem Lande vor. In München nutzten wir intensiv das vielfältige Angebot an kulturellen Veranstaltungen. In der bayrischen Hauptstadt war immer etwas geboten: Kleinkunst, Konzerte, Kino, Theater, Shows, Straßenfeste etc. In Barcelona hingegen ist das Theater schwer verständlich, da auf Katalanisch und Konzerte sind oft zu teuer. Zum Glück bietet die Design-Stadt eine Alternative: ein schier unendliches Portfolio an Museen und Ausstellungen – die wir uns nicht entgehen lassen können!
Besuchte Museen und Ausstellungen:
In 7 Jahren München: 6
In 2 Jahren Barcelona: 11

Und natürlich nicht zu vergessen:

Barcelona ist Sonne!
Die über 300 Sonnentage pro Jahr erwärmen nicht bloß die Haut, sondern auch das Herz. Das dunkelblaue Meer, welches selbst im November noch ganz Abgehärtete zum Baden lockt, die breite Promenade mit ihren acht Stadtstränden und die Straßenmusiker in Barceloneta vermitteln das Gefühl eines nicht endenden Sommers.

Bei so einem Punktestand muss ich den Katalanen Recht geben:
Visca Barcelona!