Donnerstag, 24. Mai 2007

Espanyol

TR - Nachdem Deutschland seit Wochen in der Hitze „schmort“, können wir Euch vielleicht mit unseren angenehmen, frühlingshaften Temperaturen etwas neidisch machen!?! Das Thermometer klettert kaum höher als 24 Grad und das Beste: abends sitzt man gemütlich und leicht bekleidet draussen bei lauen 20 Grad! Fast täglich ziehen ein oder zwei heftige Regenschauer über die Stadt und waschen den Pollenstaub aus der Luft. Alles blüht und erstrahlt in saftigem Grün, so dass die Barcelonesen ihre Stadt nicht wieder erkennen!

Am vergangenen Wochenende nutzten wir die Sonne und glitten erstmals mit unseren Inlines über spanischen Boden, skateten erst durch die Stadt und dann die Uferpromenade entlang und entspannten uns schliesslich am Strand. Ein angenehmes Lüftchen säuselte unsere Körper entlang und Jörg wagte sich in die Fluten des Meeres.

Auch sprachlich lassen wir uns mittlerweile im lauwarmen Meer treiben, wie angenehm, nach dem Sprung ins eiskalte Wasser der spanischen Sprache vor fast 4 Monaten.

Seit Anfang März, seit Eveline, meine Schweizer Vorgängerin in ihre Heimat zurückgekehrt ist, muss ich ebenfalls an die Hotline. Der Telefondienst in den ersten zwei Wochen war der Horror:

Ring! Rrrrring! Rrrrrrrrrrrring! Höchste Konzentration, Körper in Alarmbereitschaft!
- „Ja bitte“
- „Asndjkhuiofyf djioewh odjf`sdfafj odfs`fjiojf gjioafdgà sjffi asdnañhdjkxnidhf“
Äh? Hm? Ich habe kein Wort verstanden, schnell meine Ausrede:
-„Entschuldigen Sie, ich bin neu hier.“
- „sndñjkandñfd jdasfjfja nduigfshdf klfadfahf fjsdklñfjsf!!!“
- „Bitte sagen Sie mir Ihre Telefonummer, dann ruft sie meine Kollegin zurück.“
- „94 786 65 32“
- „Ich wiederhole: 9 4 7 9 6...”
- „No, „94 786 65 32“ O.k., also noch einmal:
- „94 6 8 6 6 5 3 2“
- „No, no, no!!! 9 4 7 8 6 6 5 3 2!!!
Spätestens nach dem vierten Anruf bin ich fix und fertig, schweissgebadet und das Schlimmste: etliche weitere stehen bevor!

Eveline hat mir zum Glück einen guten Tipp gegeben, den ich (bis heute) eifrig befolge: Sie notierte sich einfach den Namen und den Ort der anrufenden Apotheke soweit sie beides versteht und dazu die Postleitzahl und sucht anschliessend in der Kundendatenbank oder bei Neukunden im Internet auf den Gelben Seiten nach der Apotheke. Das klappt (fast) immer!

Mit der Sprache geht es aber mittlerweile bei uns beiden deutlich aufwärts. Die tägliche Herausforderung in der Arbeit, der Umgang mit Kollegen und Kunden fördern das Hörverständnis enorm und natürlich auch unsere Ausdrucksfähigkeit. Meine Kollegin Isabel und der Telefondienst in der Arbeit sind eine harte Schule. Ich hatte ja anfangs erwähnt, dass Isabel erfolgreich versucht, Eddy Murphy Konkurrenz zu machen...

Jeden Tag kommen ein paar neue Vokabeln hinzu. Meistens realisiert man es gar nicht, da die Worte einfach unbemerkt durchs mehrfache Hören oder Lesen ins Gedächtnis übergehen. Leider schleichen sich ebenso leicht die Grammatikfehler ein, man muss sie nur oft genug wiederholen, dann denkt man, so sei es korrekt.

Um dem entgegen zu wirken, besuchen wir seit Ende April einen Spanisch-Sprachkurs, 4 Stunden die Woche und nun haben wir das Gefühl, dass es nun auch mit der Grammatik voran geht. Wir lesen fliessig die kostenlosen Zeitungen in der U-Bahn und so ueben wir nicht nur das Spanisch, sondern lesen in den Zeitungen auch „gezwungenermassen“ die Artikel in Katalan, versuchen es zumindest.

Immerhin erkenne ich jetzt, im Gegensatz zu den ersten Wochen, meist bereits nach den ersten ein, zwei Sätzen, dass es sich um Katalan handelt. Ein bisschen nervig ist es hier schon, man empfängt kaum einen Radio- oder Fernsehsender auf Spanisch und in den regionalen kostenlosen Zeitschriften sind die Lokalnachrichten ebenfalls oft in Katalan geschrieben. Die gesprochene Sprache zu verstehen ist meist sehr schwer bis unmöglich, die Aussprache erinnert eher an slawische Sprachen, lesen ist dafür etwas einfacher, da es sich um eine romanische Sprache handelt und daher die Wortstämme oft ähnlich wie im Spanischen oder Französischen sind, z.B.

Spanisch – Französisch - Katalan
la playa – la plage – la platja
el año – l’année - l’any
por favor – s'il vous plait – s'is plau
pedido – commande – comanda

So rate ich immer ein bisschen und denke mir den Rest dazu. Eines Morgens war ich allerdings doch ziemlich verwirrt. Ich kam zur U-Bahn runter, die im Tunnel, fast ohne Fahrgäste wartete und auf der Anzeigetafel stand irgendetwas von „atentat“, im Spanischen „atentar = ein Attentat verüben“. Da die Medien voll sind mit den Attentaten des „11-M“, den Anschlägen vor 3 Jahren in Madrid, wurde mir doch etwas anders. Schnell rief ich meine Kollegin Isabel an und klingelte sie aus dem Bett, damit sie mir den Text korrekt übersetzte, und, na klar, hier kam wieder die Nähe zum Französischen zum Tragen:... „attendre“ = warten....

Die Ähnlichkeit der beiden Sprachen und die alltägliche Präsenz des Katalan führt (leider) auch dazu, dass meine spanische Rechtschreibung leidet und ich mittlerweile viel zu oft (ohne es zu merken) die Katalanische anstelle der Spanischen benutze. Ich befürchte, das wird sich auch nur schwer vermeiden lassen, schließlich geht es vielen Katalanen auch nicht anders....

In diesem Sinne: Adeu