Sonntag, 29. November 2009

Ein Schwedenfalter in Barcelona

JK - Nun ist es also soweit. Mit einem freudigen Ausdruck von Hochbrisanz erwarten wir den lange ersehnten ersten Teil des Jakobsweg-Revivals. Stephan war -genauso wie wir- unterwegs im Namen der Muschel und hatte sich für einen Besuch bei uns in Barcelona angekündigt. Nach kurzem Warten auf dem Busbahnhof dringt ein mir wohl bekannter Spruch an meine Ohren: "Hey, alter Schwede!" Was soll ich sagen, es hat sich nichts geändert, man versteht sich eben auf Anhieb.

Eigentlich war das Wetter nicht sonderlich gut angekündigt, aber: ...wenn Engel reisen!!! Das Wetter spielt mit und wir können das volle Touri-Programm abspulen. Find ich gut! Am ersten Abend geht es zunächst in die Paradeta, einem unserer Lieblings-Fisch- und Meeresfrüchterestaurants, bei dem man das Gewählte nach Kilopreis bezahlt.

Die Nacht war lang, der Schlaf zu wenig und Stephan klagt: "Isch habe Füße, Kreislauf und Köpfchen". Wie auf dem Camino eben! Im von Gaudí gestalteten Parque Güell erholt sich Stephan dann langsam und wir genießen die Sonne. Abends geht's dann zu unserem - na klar - Lieblings-Gallizier.

Am Sonntag, das Wetter ist immer noch prächtig, geht es über die Sagrada Familia mit einer Castellers-Vorführung (siehe übernächstes Bild), einer Riesen-Paella und einem kleinen, aber gemeinen Hündchen hinunter ans Meer.




Entweder, Stephans erster Cocktail in der Strandbar war in Kombination mit der Sonne doch zu stark, oder die "Massage-Asiatinnen" haben ihn mit ihrem ewig gleichen Sing-Sang "Masaaaaje, quiere masaaaaaje" weichgekocht. Das Ende vom Lied war ein entspannter Stephan mit zerrissenem T-Shirt.

"Ich nehm dann noch einen Mojito, bitte!"... Abends gibt's dann natürlich unsere Lieblings-Fideuà, hausgemacht. Für die, die uns noch nicht besucht haben, Fideuà ist die katalanische Variante der Paella.


Wenn Schalke es schon nicht über die Champions League ins Camp Nou schafft, dann wenigstens Stephan. Am Montag gehen Stephan und ich ein bisschen Star-Luft schnuppern und besichtigen das Stadion von Barça, die von sich behaupten "Més que un Club" zu sein, also was ganz Besonderes.
Anstatt in ein Trikot investiert Stephan das gesparte Geld lieber in ein Mitbringsel für Tina aus dem barcelonesischen Designer-Shop "Desigual". Vielen Dank auch noch an die Unbekannte, die den Mantel stellvertretend für Tina zwecks Größenbestimmung anprobiert hat. Abends gibt's dann unsere, wer hätte es gedacht, Lieblings-Knoblauchöl-Gambas, auch hausgemacht. Die Salatsoße von Stephan haben wir übrigens nie wieder hinbekommen!

Tja, und das war's dann auch, leider!!! Die Tage sind wie im Flug vergangen, viel zu schnell eben. Natürlich haben wir uns alle Bilder und Videos unserer gemeinsamen Zeit auf dem "Weg" angesehen, viel über die gemeinsame Zeit geredet und einstimmig festgestellt, dass es eine einmalige Erfahrung war. Auch unser Kennenlernen und die anschließende Freundschaft. Um 13.57 Uhr, am 20. Oktober 2009 mache ich das vorerst letzte Bild vom abfahrenden Bus mit Stephan drin. Aber wie sagt schon Paulchen Panther: "Heute ist nicht aller Tage, ich komm' wieder, keine Frage!". Der 28. Januar 2010 ist nicht mehr fern!

In diesem Sinne, Buen Camino y Ultreia!!!

Samstag, 21. November 2009

Peñiscola – Perle der Orangenblütenküste

TR - Ach, wie schön, wenn Feiertage auf einen Montag fallen! Was liegt da näher, als mit einem Kurztrip Richtung Süden den Sommer zu verlängern?

Costa de Azahar – ein duftender Name. Blühende Orangenbäume haben dieser sanften Küste südlich des Ebrodeltas ihren Namen verliehen. Die Region lockt mit sommerlichen Temperaturen, kilometerlangen Stränden und dem Postkartenstädtchen Peñiscola.

Unmittelbar neben dem Hafen erhebt sich die historische Altstadt gekrönt von einer mittelalterlichen Festung der Ritter des Templerordens. Wir bummeln durch das Labyrinth aus schmalen, steilen Gässchen, und lassen uns weder von unzähligen Souvenirshops noch den Heerscharen von Touristen abschrecken. Peñiscola hat einen besonderen Charme.



Am Samstag Abend springen wir noch schnell in den Supermarkt, um uns die Verpflegung für die nächsten zwei Tage zu holen. Hier wird geräubert, als sei gerade der Krieg ausgebrochen. Wir ergattern gerade noch etwas Grillgut, die meisten Regale sind bereits leergefegt. Die lauen Abendtemperaturen bieten sich geradezu an für ein kleines Barbecue auf unserem Campingplatz. Ein bisschen unbequem ist es zwar ohne Tisch, aber wirft Jörg den Grill an und schon brutzeln die Shrimps. Anschliessend flanieren wir über die palmengesäumte Promenade und genießen den Blick auf die Altstadt. Ein spanischer Ferienort, der seinesgleichen sucht.



Spätestens Ende September ist für Spanier der Sommer endgültig vorbei, egal, was die Meteorologen verkünden. Herrlichstes Badewetter mit angenehmen 25 Grad und einer Sonne, die wärmt und sanft bräunt ohne zu brutzeln, kann sie nicht locken. Umso besser für uns, so können wir Sonne und gleichzeitig Ruhe genießen. Wir erkunden die Küste südlich von Peñiscola, den Naturpark Sierra de Irta bis zur ausgestorbenen Urbanisation Torre Salinas. Ob der gigantische Parkplatz während der Saison tatsächlich voll wird? Schwer vorzustellen, sehen wir doch kein einziges Fahrzeug weit uns breit!



Donnerstag, 19. November 2009

Nina Hagen live - stimmgewaltige Balladen

TR – „Habt Ihr Lust mitzugehen?“ fragt uns Fiorella. „Nina Hagen spielt am Freitag in Barcelona!“. Das Plakat mit der Ankündigung „Mother of Punk“ hatte ich wohl gesehen, aber nicht ernsthaft daran gedacht, zum Konzert zu gehen. Auch bei längerem Nachdenken fällt mir kein einziger Songtitel ein und Punk ist nun nicht gerade unser bevorzugter Musikstil. Außerdem wollten wir am Freitag Abend bereits das bevorstehende lange Wochenende mit einem Kurztrip Richtung Süden einläuten. Aber, wir sind ja immer offen für alles Unbekannte und Neue und flexibel genug, Pläne auch kurzfristig zu ändern. „O.k. Wir werden uns mal ihre Musik anhören und geben Euch übermorgen Bescheid.“

Dank Youtube und Wikipedia sind wir nach einer dreiviertel Stunde fast Nina Hagen Experten. Die Frau ist so vielseitig! Punk oder Arie, Flop oder Top. Beides erscheint möglich. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Also, nichts wie hin!


Der Mutter des Punk sieht man ihre über 50 Jahre nicht an. Wohl aber ihrem Publikum. Statt der erwarteten Gothic- und Punk-Gemeinde werden wir umgeben von einem gesetzten älteren Publikum. Althippies, aber auch genügend, die durch die Institutionen marschiert sind und die man nie im Leben auf einem Nina Hagen Konzert, sondern eher in der Oper vermuten würde. Nur wenige unter 35-Jaehrige haben sich eingefunden.

Nina Hagen betritt die Bühne und man ist schnell gefesselt. Jugendlich und verrückt wirkt sie in ihrem Outfit mit Riesen-Geschenkschleife im Haar und Minikleid. Stimmgewaltig interpretiert sie bekannte Songs wie This is my way, Comandante Che Guevara oder Happiness. Schaut Euch unser Video an und lasst die „Happiness“ auf Euch wirken!


Happiness

Nina hat sich Anfang dieses Jahres christlich taufen lassen und singt inbrünstig mit voller, tiefer Stimme „Ave Maria“. Mir läuft ein Schauer den Rücken hinunter. Auch den letzten Zweifler im Saal hat sie nun auf ihrer Seite, das Publikum johlt. Was für eine Atmosphäre!


Ave Maria

Sonntag, 25. Oktober 2009

Red Bull Air Race World Championship

TR - „Flieger, grüß mir die Sonne, grüß mir die Sterne und grüß mir den Mond, …Schneller und immer schneller, rast der Propeller wie dir’s grad gefällt. Piloten ist nichts verboten…“ Hans Albers hatte Recht mit seiner Faszination des Fliegens.

Kleine einmotorige Propellerflugzeuge lassen sich vom Himmel fallen und trudeln wie eine Feder Richtung Wasser bis sie sich in letzter Sekunde wieder fangen. Wasserflugzeuge kippen ihre nasse Ladung aufs Meer und Kampfjets stehen bewegungslos in der Luft. Durch Zufall sind wir auf unserer Inline-Skating-Tour ins Vorprogramm des Red Bull Air Race geraten. Das müssen wir uns anschauen.

Das Rennen beginnt: Brummend nähert sich ein kleiner Flieger dem überdimensionalen Tor aus gigantischen aufblasbaren Pylonen, schwenkt in die Senkrechte, rast durch das Tor und dreht sofort wieder in die Waagerechte. Der Parcours ist anspruchsvoll. Schließlich soll hier der Weltmeister gekürt werden. Der Deutsche Matthias Dolderer ist sichtbar schneller als so manch einer der Konkurrenz und holt den 3. Platz in der Tageswertung.




Wir beobachten den Wettkampf mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist es faszinierend, mit was für einer Geschwindigkeit die Piloten ihre Maschinen steuern, andererseits ist es erschreckend. Unser Umweltbewusstsein rebelliert angesichts dieses Wahnsinns. Doch diese tollkühnen Piloten sind noch nicht alles. Es soll noch schlimmer und gleichzeitig faszinierender werden. Von Ferne nähert sich eine Staffel mit sieben Jets. In anmutiger Eleganz schweben sie wie ein harmonischer Vogelschwarm über unsere Köpfe.


Die synchrone Formation und geografische Komposition strahlen einen unvergesslichen Zauber aus, der uns ins Schwärmen bringt. Wäre da nicht das Problem der Umweltverträglichkeit, der Unmengen sinnlos in die Luft gepusteten Kerosins und der großen Lärmbelastung, so würden wir wohl künftig als Air Race Fans gelten.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Unendliche Weiten im Ebro-Delta

TR - Barcelonas Stadtheilige Mèrce hat uns einen Feiertag beschert und so fliehen wir Ende September aus der überfüllten Stadt in die Einsamkeit des rund 150 km südlich von Barcelona gelegenen Ebro-Deltas. Ein paar Tage Ruhe tanken und Batterien aufladen.

Der Ebro, wasserreichster Fluss Spaniens, hat mit seinen Sedimenten eine 320 qkm grosse Halbinsel aufgeschüttet, die 20 km weit ins Meer hineinragt. Nach dem Nildelta ist dies das zweitgrösste Flussdelta des Mittelmeers.


Grüne Ähren im stehenden Wasser, goldgelbe erntereife Reisfelder, braune Schlammgräben: Im September bietet sich ein buntes Bild des Reis-Anbaus.


Mit klapprigen Miet-Fahrrädern umrunden wir die von Schilf umgebenen Lagunen. Das Delta ist ein Vogelparadies, doch leider zeigen sich uns keine Flamingos und andere Exoten, sondern nur Bodensee-Gefieder wie Blässhühner, Silber- und Graureiher.



Die Saison ist hier längst vorbei, wir sind quasi allein, nur die Moskitos, die in den Schlammgräben ideale Brutbedingungen finden, stören unsere Ruhe. Die Sonne lacht, ein angenehmes Luftchen legt sich über die Haut und so schlendern wir kilometerlang über einsame Strände, vorbei an Dünenlandschaften und Salinen. Eine perfekte Region, um abzuschalten!



Samstag, 29. August 2009

Fiesta!!! Festa Major de Gràcia

TR - Barcelona steht Kopf. Jedes Jahr in der Woche nach dem 15. August herrscht Tag und Nacht Ausnahmezustand im Stadtteil Gràcia. Man feiert eines der ältesten und traditionellsten Stadtteilfeste Kataloniens, dessen Ursprünge bereits auf das Jahr 1817 zurückgehen.

Als angemessenen Hintergrund für die unzähligen Umzüge, Konzerte, Aufführungen und Aktivitäten für alle Altersgruppen werden die Strassen von den Anwohner liebevoll geschmückt.
Neunzehn fantasievoll gestaltete Gassen nahmen dieses Jahr am großen Wettbewerb teil. Monatelang bastelten Jung und Alt Figuren und Ornamente, um die heiß begehrte Prämierung zu ergattern.
Die Stadt subventionierte die Dekorationen mit 330.000 Euro. Welch geringer Betrag, vergleicht man es mit den Unsummen, die bei den Fallas in Valencia in die Luft gejagt werden!


Es ist ein Fest von den Anwohnern für die Anwohner. Kein Wunder also, dass man sich in den kleinen Gassen zum gemeinsamen Abendessen an riesigen langen Tischen zur großen Butifarrada oder Paellada trifft. Für die Naschkatzen wird eine Xocolatada angeboten!

Erstmalig gab es in diesem Jahr eine Lärmkontrolle, um die Belästigung für die Anwohner zumindest etwas zu reduzieren. Auch sollten die letzten Konzerte (zumindest unter der Woche) um 2 Uhr nachts beendet werden. Für den, der hier wohnt gibt es in dieser Woche nur eine Alternative: Urlaub nehmen und mitfeiern oder flüchten.

Wir ließen uns das Spektakel natürlich nicht entgehen. Am Samstag Abend gestärkt durch ein leckeres Essen bei Freunden, schlenderten wir gemeinsam durch die Gassen, begleiteten Boney M. & Co. mit Gesang und Tanz und legten zu später Stunde noch ein paar Salsa-Drehungen aufs Parkett – oder eher: in den Sand.

Drei Tage danach zogen wir wieder durch die dekorierten Gassen zum Konzert der kolumbianischen Band Buritaka. Einfach genial. Ich hatte das Gefühl, als sei ich mitten in Cartagena oder Bogotá, eine gigantische Stimmung, kolumbianischer Cumbia mit Afroelementen, jede Menge Latinos um uns herum und eine tropische Hitze! Viva Colombia! Visca Barcelona!