Donnerstag, 31. Juli 2008

Bonjour und As-salam - Tunesien Teil 2

TR - Die Sonnenstrahlen kitzeln uns wach. Gestern Mückenattacken heute nun Hummeln. Zum Glück nicht im Zimmer, sondern im Hintern! Auf, auf! Es gibt viel zu sehen!

Wir schlendern durch die Markthallen und beim Anblick der Auslagen läuft uns das Wasser im Munde zusammen. Die Fische sind ultra-frisch und zum Beweis öffnen die Händler die Kiemendeckel. Die Käsetheke duftet nach Urlaub und die eingelegten Oliven machen Lust auf Orient.

Ein Menschenstrom treibt uns durch das Gewirr der Gassen mit den verschiedenen Bazaren, den Souks. Lederwaren-Souk, Keramik-Souk, Schmuck-Souk. Jede Gasse hat sich spezialisiert. Wir tauchen ein. Hier nur Stoffe, dort nur Küchengeräte und, was ist denn das für eine Gasse? Der Hochzeitsdekorations-Souk! Geschenkbänder, Stoff-Rosen und Papiertischdecken in Hülle und Fülle.

Nach soviel Kommerz lockt uns die Kunst. Im Musée de Bardo, dem wichtigsten Museum Tunesiens bestaunen wir gigantische Mosaiken und Skulpturen aus vorchristlicher Zeit. Die perfekte Vorbereitung für das antike Karthago.

Abends: Das Männer-Fest. Wir lassen uns das selbstgemachte, in Alufolie mit Rosmarinzweigen gegarte, butterzarte Fleisch mit den exotischen Beilagen auf der Zunge zergehen. Die Band beginnt zu spielen, doch wir sitzen direkt neben der Box und der Dudelsack putzt uns die Ohren durch. Fast taub fliehen wir nach draußen, in den Vorhof. Hier haben sich die Männer versammelt. Die Frauen, die seltsamerweise in der Überzahl sind, okkupieren den Innenhof. Hier draussen fließt Bier und Wein. Die ganze Feier entwickelt sich zu einer Party im westlichen Stil. Nur die teils mit Kopftuch bedeckten Frauen, die arabischen Klänge und der Bauchtanz der Frauen wie Männer zeigt uns, dass wir in einer anderen Welt sind. Jörg raucht seine ersten Züge an der Wasserpfeife ("Da kommt ja gar nichts raus") und erzählt einem ausreisewilligen Tunesier, er sei von der deutschen Botschaft und könne ihm ein Visum erteilen...

Am Morgen danach benötigen wir einen extra starken Kaffee. Der Nahverkehrszug rattert den Deich entlang. Hinter uns liegt die bezaubernde Bucht von Tunis, vor uns Karthago. Wir besichtigen alle Ausgrabungen, die Mittagshitze kann uns nichts anhaben. Bei den meisten Stätten sind wir allein. Nur an der riesigen Hauptausgrabung sitzen die Touristengrüppchen stöhnend im Schatten. Wir genießen die Weite und Größe der Anlage, lassen unserer Fantasie, angeregt durch die Inspirationen des Museums freien Lauf und versetzen uns in die Zeit Julius Cesars zurück. Wir wandeln durch die römischen Therme und spüren die Hitze der antiken Sauna auf der Haut. Nur der Sprung ist kalte Becken des Frigidariums bleibt uns leider verwehrt: es sind nur zwei imposante Säulen erhalten.Ich kann nicht genug bekommen. "Schau mal, Jörg: Hast Du das gesehen? Hier kann man sogar noch die Schrift lesen!?" Irgendwann braucht aber auch Jörg eine Pause, doch meine Passion ist noch nicht gestillt, ein paar Steine habe ich noch nicht gesehen. Vielleicht hätte ich Archäologie studieren sollen???

Wir kehren zurück in die Neuzeit. Nach Sidi Bou Said, dem blau-weissen Städtchen auf dem Hügel, das eine frappierende Ähnlichkeit mit den griechischen Kykladen-Inseln aufweist. Nichtsdestotrotz sehr sehenswert, was leider auch Heerscharen von Touristen wissen.

Mittwoch, 30. Juli 2008

Ein unwiderstehlicher Mix - Tunesien Teil 1

TR - Unter uns funkelt das Lichtermeer einer der ältesten mediterranen Städte und eine der für uns attraktivsten Metropolen der Welt. Wir befinden uns im Anflug auf Tunis, des Geburtsortes nicht nur Roberto Blancos und Claudia Cardinales, sondern auch die kulturelle Wiege unseres Freundes Hedi. Vor uns liegt eine unwiderstehliche Mischung aus orientalischer Kultur und westlichem Wohlstand sowie ein für uns aussergewöhnlicher Event: Eine tunesische Hochzeit!

Bis zuletzt waren wir unschlüssig, ob wir die Reise antreten sollen. Nicht gewillt ein paar hundert Euro für einen Kurztrip auszugeben. Ich ließ nicht locker und im günstige Flüge auftreiben bin ich ja quasi Profi :-) …Glück gehabt! Schnäppchen gemacht! Fehlte nur das Hotel. Vielleicht ein schönes 3 oder 4 Sterne Hotel? Doch eh ich mich versehe ist es 2 Tage vor Abflug und wir sitzen immer noch auf der Strasse. Das billigste Zimmer kostet 106 €. Für ein 5* Hotel ein super Deal, nur leider völlig jenseits unseres Budgets. Also buche ich in meiner Not ein Zimmer in einem Mädchen-Wohnheim, verschweige Jörg die Details. Am nächsten Abend wird mein Koffer-Packen durch einen Schrei des Entsetzens jäh unterbrochen „Hast Du Dir die Website genau angeschaut?“ fragt er mich wütend. „Da steht: Douches et toilettes communes par étage.“ Oh, Mist, Gemeinschaftsbad! Sorry, es war mir zu mühsam mich durch die französischen Seiten zu kämpfen. „Na, toll. Außerdem: Die listen alles auf, was es in den Zimmern gibt: Stuhl, Tisch, Lampe, aber schreiben nichts von Ventilator!“ „Also, Jörg, das halte ich für ausgeschlossen. Selbst in der billigsten indischen Unterkunft gab es einen Ventilator...“

Am Flughafen werden wir von hunderten Tunesier empfangen, nur Walid, der Hausherr des Wohnheims lässt sich nicht blicken. Er müsste uns erkennen, denn (sicherheitshalber) habe ich ihm ein Foto von uns gesendet (auf dem Jörg unschwer als Mann zu erkennen ist).

Walid entdeckt uns und bringt uns über leergefegte Schleichwege zum Wohnheim. Mir fällt ein Stein vom Herzen: das Zimmer hat ein Bad! Nur, leider gibt es keine Bettwäsche und - keinen Ventilator! Die Nacht wird zur Hölle. Wir tun kein Auge zu, es ist unerträglich heiss, die Mücken fressen uns und mich plagt das schlechte Gewissen.

Am nächsten Abend werden wir mit Hedi und ein paar Freunden ausgehen. Eigentlich dachte ich, dass das Henna-Fest der Frauen sei, aber na gut, Tunesier sind wohl flexibel. Ist mir auch recht, denn so kann ich schon mal ungezwungen abchecken, wie die Mädels sich hier so kleiden. Ich ziehe also meine lockeren Urlaubsklamotten an.

Wir treffen Hedi im Haus seiner Familie und er erzählt uns, dass heute Henna-Fest sei. So ein Ärger! Extra habe ich mir noch einen Rock für diesen Anlass gekauft, nun liegt er in der Unterkunft und ich hier mit dieser Schlabberhose!

Diverse weibliche Verwandte holen uns ab und mir stockt der Atem. Das darf nicht wahr sein! Eine herausgeputzter als die andere! Elegante fließende Stoffe mit Glitzer und Glimmer. Die Haare aufgestylt und die Gesichter perfekt geschminkt. Und ich daneben völlig under-dressed. Ich komme mir vor wie das hässliche Entlein und würde am liebsten im Erdboden versinken! „Jörg, was die mangelhafte Info betrifft – wir sind quitt! Ich mit der Unterkunft, Du mit der Feier!“ Über 20 Um- und Irrwege werden wir im Autokorso zum Haus der Feier kutschiert. Rund 200 weibliche Gäste warten im Innenhof und eine attraktiver als die andere. Rampenlicht perfekt, wir dürfen in die erste Reihe!

Der Abend ist den Frauen reserviert. Männer, ausser Jörg und den Vätern des Brautpaares sind nicht erwünscht. Auch der Bräutigam hat hier eigentlich nichts zu suchen. Aber, da unser Bräutigam nur optisch ein Tunesier und sonst eher ein Ur-Münchner ist, gesellt er sich ab und zu unter die Frauen, und kann sich im Übrigen auch für die Henna-Bemalung nicht begeistern, weshalb dieser Part des Abends ausfällt. Die Braut sitzt im Blitzlichtgewitter auf einer Art Thron, wird begrüßt, bewundert und mit edlem Brautschmuck beschenkt und behängt.

Die eleganten Damen tanzen mit Hüftschwüngen zu orientalischen Klängen, es wird im Takt geklatscht und immer wieder hören wir Jubelgeträller, was entfernt an Indianergeschrei erinnert. Das Geheimnis der Bewegungen als auch des Geträllers bleibt uns verborgen.


Zwischendurch werden Säfte und exquisite süße Stückchen serviert. Irgendwann wird Jörg auch auf die Tanzfläche gezogen. Plötzlich, für uns völlig unvermittelt, ist das Fest vorbei und fast alle brechen auf.

Die zweite Nacht schlafen wir besser. Wir haben uns an die Hitze akklimatisiert (es ist auch nicht heißer als zu Hause) und schlummern voller Eindrücke in die Träume. Wir freuen uns schon auf die nächsten Feiern, denn in Tunesien dauert eine Hochzeit immer mehrere Tage....